Geschichten aus der Bredouille Nr. 15

 

Geschichten  aus der Bredouille Nr. 15

 

Sommerung - unheimliche Begegnung im Baskenland

 

Die beste Burgfrau von allen freut sich immer diebisch auf die Sommerung. Ich vermute es liegt daran, weil ich ihr dann voll und ganz für Arbeiten an Haus und Garten zur Verfügung stehe. Ich freue mich auch auf die Sommerung, allerdings aus einem anderen Grund. Im Mai machen wir nämlich erstmal Urlaub. Das habe ich so eingerichtet, seitdem ich Schlaraffe bin, damit ich möglichst keine Sippung unnötig versäume. Seitdem fragt meine Frau auch immer, wenn wir mögliche Urlaubsziele besprechen: Und, da gibt’s auch keine Schlaraffen?

In diesem Jahr ging es ins spanische Baskenland, da gibt’s keine Schlaraffen und deshalb ist sie mit mir dann auch dahin gefahren. Unser Ziel ist San Sebastian. In einem kleinen Vorort haben wir direkt am Hafen eine Ferienwohnung angemietet um von hier aus Land und Umgebung zu erkunden. Außerdem läuft hier der Jacobsweg, quasi direkt am Haus entlang, und den wollen wir auch noch an drei Tagen bewandern. Gesagt – getan. Gleich am nächsten morgen zieht es uns in die Berge. Mit einer klitzekleinen Fähre erreichen wir das andere Ufer. Jetzt geht’s rauf, ganz schön weit rauf und der anfangs breite Weg wird immer enger. Nach einer guten Stunde stehen wir auf einem schmalen Bergpfad, grade mal einen Meter breit und schnaufen kletternd immer noch bergauf. Da es zudem sehr warm ist, steht uns bald darauf der Schweiß - nicht nur auf der Stirn. Wir haben grade mal 3 km geschafft. Nur noch 22 km bis San Sebastian, wo es wunderbare Restaurants, Kneipen und Weinlokale direkt an der Promenade gibt. Und natürlich den Bus der uns zurück zu unserer Ferienwohnung bringt. Während ich schon überlege ob uns überhaupt irgendjemand, verschwitzt wie wir sind, übelriechend, mit hochroten Kopf, in sein Restaurant läßt, schaut meine Burgfrau aufs Meer hinaus und sagt andauernd Schön isses hier.

Finde ich auch, und entdecke nun kaum 500 mtr. voraus zwei Jacobspilger mit ganz großen Gepäck . Weil ich zu der Sorte Mensch gehöre, die gerne mal ein Pläuschchen halten und außerdem auch noch zu den Menschen gehöre, die es partout nicht abkann, wenn jemand vor Ihnen geht, erhöhe ich das Tempo um Anschluss zu gewinnen. Die beiden fest im Blick, gehe ich voran. Meine Burgfrau hinterher. Es ist wirklich heiß heute, trotzdem erhöhe nochmals das Tempo. Die Vorrausgehenden haben einen kräftigen Schritt drauf und ich vermute, dass die schon ein paar hundert Kilometer hinter sich haben. Meine Burgfrau bekommt überraschend schnell Wind von meinem Vorhaben und fragt höflich und ein wenig nach Atem ringend : ob ich noch einen Termin habe.

Nööh, sage ich, aber davorne isses grade sowas von schön, da will ich schnell mal hin.

Meine Burgfrau hat für diese Fälle immer vorzügliche Tricks auf Lager. Nur zu gerne hält sie mich davon ab zu schnell zu werden und mich( und damit sie ) zu verausgaben. 

Heute zum Beispiel sagt sie : Du, warte mal, hilf mir mal bitte, ich glaube ich habe einen Stein im Schuh , dann flucht sie ein wenig gekünstelt und setzt sich erstmal, während Sie aus dem Augenwinkel beobachtet, ob ich Ihr auch wirklich zu Hilfe eile.

Natürlich komme ich meinen ehelichen Pflichten nach und eile zurück um Ihr zur Seite zu stehen. Und wie es der Zufall will, genau in dem Moment wo ich sie erreicht habe, steht sie auf und strahlt mich mit einem War doch nix, geht schon wieder an.

Statt wildfremden Menschen hinterherzuhecheln unterhalte ich mich jetzt mit meiner Frau. Das ist nett von mir, aber nicht so einfach, weil der Weg derart schmal ist, dass wir nur hintereinander gehen können. Ich muss mich also, wenn ich etwas zu ihr sagen möchte, umdrehen. Das wiederum bringt mich leicht aus dem Gleichgewicht und das wiederum ist gefährlich, weil es zum Meer hin bestimmt 250 mtr. steil bergab geht. Deshalb beschließen wir nach der nächsten Kurve ( Pausen sind immer nach der nächsten Kurve ) zu rasten. Wird sowieso Zeit.

Und wie es der Zufall so will, rasten die beiden vorrausgehenden Pilger auch nach der nächsten Kurve. Wie sich herausstellt, kommen die beiden jungen Frauen aus San Franzisko und sind schon seit zwei Wochen unterwegs. Wir kommen ins plaudern, tauschen Kaffee gegen Mineralwasser, teilen Melone – Äpfel und Schokoriegel. Ann zaubert dann noch einen Flachmann herbei und wir trinken reihum aus einem Glas einen hervorragenden Calvados. Hilft gegen Cholera, meint Sie noch.

Irgendwann kommt die Frage auf, wo wir denn herkämen. Aus Norddeutschland, sage ich.

Sie fragt HamburgNe, sage ich, bei Bremen.

Bestimmt Oldenburg sagt Sie. Ich darauf: ein bischen weiter nördlich.

Sag jetzt nicht Rastede ( wobei sie Rastidi sagte ) … und ich sagte : doch.

Und es stellt sich heraus, das Ihre Mutter mit einem gewissen Klaus Modick befreundet ist, und das sie, wenn sie sich mal treffen, immer ins Schloßcafe nach Rastede fahren und dann erst nach Dangast, weil ihre Mutter keinen Rhabarberkuchen mag.

Da sieht man mal wieder wie klein die Welt ist und als sie mir dann noch erzählte, das ihr Großvater einst nach Amerika ausgewandert ist und sehr deutsches Brauchtum pflegte, in zahlreichen Vereinen war, auch in so einem komischen Club wo man Gedichte vorträgt, zusammen singt und sich verkleidet und so tut als wäre man ein Ritter, da bin ich fast vom Glauben abgefallen.

Wir sind dann noch gemeinsam nach San Sebastian gewandert, haben ein schönes Glas Weißwein am Hafen getrunken und haben uns wohl alle gefragt – What the hell – nein – Entschuldigung Wie zum Teufel kommen solche Begegnungen zu Stande. Wer steckt dahinter.

Meine Burgfrau meinte dann noch – das hat bestimmt irgend so ein Oberschlaraffe eingefädelt.

Dabei haben wir es dann belassen und dann kam auch schon unser Bus.

 

LuLu Papalapap 412 ©



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